Quelle: Nordkurier/Autor: Stefan Justa
„Ein derartiges Gefühl im Knie hatte ich bis dato noch nie. Mir war durch den riesigen Schmerz im ersten Moment klar, dass es sich um eine schwerere Verletzung handelt.“ Der 25. Juli 2020 hat sich im Kopf von John-Philipp Bruhns eingebrannt. Fast auf den Tag genau vor acht Monaten stand für ihn und seine Landesliga-Mannschaft nach langer Corona-Zwangspause gegen die Landesklasse-Kicker des Pasewalker FV das erste Spiel auf dem Programm. Voller Euphorie und Vorfreude hatte der ehrgeizige und durchtrainierte VFC-Kicker diesen Tag herbeigesehnt. Die Freude währte allerdings nur kurz, denn bereits in der dritten Spielminute blieb der 21-Jährige nach einem Zweikampf mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Rasen liegen und musste ins Krankenhaus gebracht werden.
Nach der ersten Untersuchung bestand noch Hoffnung, dass es den Mittelfeldspieler möglicherweise nicht ganz so schlimm erwischt haben könnte: „Die Schmerzen waren an den darauffolgenden Tagen eher gering. Ich hatte keine Symptome, die auf einen Kreuzbandriss hindeuteten“, blickt John-Philipp Bruhns zurück. Einige Wochen später herrschte nach weiteren Untersuchungen aber Gewissheit. Die Diagnose: Kreuzbandriss. Knie-OP und eine lange Leidenszeit folgten. „Das war keine einfache Zeit für mich. Vorher hatte ich nur kleinere Blessuren, die meist nach zwei Wochen wieder verschwunden waren“, erklärt der Peenestädter, der seit Dezember intensiv an seinem Comeback arbeitet: „Los ging es mit leichtem Training auf dem Laufband. Im Januar konnte ich dann im Laufschritt die ersten Stadtrunden in Anklam drehen.“ Im Februar hatte er dann maßgeblichen Anteil daran, dass seine Mannschaft bei der landesweiten Lauf-Challenge des Turn- und Sportverein Neukalen in der Endabrechnung auf dem fünften Rang landete. „Ich konnte zum Glück viele Kilometer für uns sammeln. Belastbar ist das Knie aktuell insoweit, dass ich neben dem Laufen auch Krafttraining machen kann. Bei schnellen Richtungswechseln und abstumpfenden Bewegungen muss ich allerdings noch vorsichtig sein. Ich habe auch schon ein paar Pässe gespielt und einige Jonglier-Übungen mit dem Ball gemacht“, ergänzt der Mittelfeldspieler, der seit über vier Jahren fester Bestandteil des ersten Anklamer Männer-Teams ist.
Landesliga-Trainer Michael Höcker hofft darauf, den Leistungsträger bald wieder auf dem Fußballplatz kicken sehen zu können: „Es ist beeindruckend, wie professionell John an seinem Comeback arbeitet und dabei auch andere miteinbezieht. Er ist der Spieler mit dem größten Ehrgeiz in unserer Truppe. Durch harte Arbeit wurde er vor seiner Verletzung immer besser und ist für mich einer der besten Zehner der Liga. John erinnert mich mit seiner ganzen Art und Weise oft an mich, da er seine eigene Leistung immer hinterfragt, hart an sich arbeitet und Anweisungen in Frage stellt“, lobt der Verantwortliche seinen Schützling in den höchsten Tönen und ergänzt: „Er ist zudem für viele junge Spieler ein Vorbild und das beste Beispiel dafür, was man alles mit einer gehörigen Portion Ehrgeiz schaffen kann. Auch neben dem Platz ist auf John stets Verlass.“
Seine fußballerische Laufbahn begann John-Philipp Bruhns 2007 beim SV Blau-Weiß Krien, wo er unter der Regie von Hans-Jürgen Springer und Dieter Hannemann das Fußball-Einmaleins erlernte. 2012 folgte der Wechsel zum VFC. Bei den zu diesem Zeitpunkt von Henry Gransow trainierten Anklamer C-Junioren fasste er schnell Fuß und entwickelte sich zum Leistungsträger. Bereits als 17-Jähriger lief der Vorzeigeathlet im Trikot der ersten Männer-Mannschaft auf. Sein Herren-Debüt gab er Ende August 2016 im Heimspiel gegen den Penzliner SV, das die Anklamer am Ende nur knapp mit 2:3 verloren.
Die Hoffnung darauf, dass die Saison 2020/21 sportlich beendet werden kann, hat der sympathische Kicker noch nicht aufgegeben: „Grundsätzlich halte ich es für richtig, besonders vorsichtig mit dem Virus umzugehen und Kontakte im weitesten Sinn zu vermeiden. Allerdings ist mein Fußballer-Herz natürlich dafür, den Trainings- und Spielbetrieb so schnell wie möglich aufzunehmen und auf den Platz zurückzukehren. Fußball hat in meiner Freizeit einen sehr hohen Stellenwert eingenommen.“ Teilweise war er vor Beginn der Corona-Pandemie sechs Tage die Woche im Stadion anzutreffen. „Mir fehlen vor allem die sozialen Kontakte, das Zusammensitzen in der Kabine und der Wettbewerb auf dem Platz“, betont John-Philipp Bruhns. Zudem vermisst er die Arbeit als Nachwuchs-Trainer. Seit über zwei Jahren steht er Nils Gütschow mit Rat und Tat zur Seite. In dieser Saison ist das Duo für die A-Junioren des VFC verantwortlich. „Ich schätze John sehr und habe große Freude daran, mit ihm zusammenzuarbeiten. Wir ergänzen uns beide sehr gut. Er ist äußert wissbegierig, diszipliniert und ehrgeizig, egal worum es geht. John arbeitet jeden Tag an sich, nimmt sich als Trainer viel an und versucht, möglichst viel dazuzulernen. Ich ziehe meinen Hut vor ihm, denn er ist trotz seines jungen Alters schon extrem weit und verantwortungsbewusst. Er macht in diesem Jahr seine Trainer-C-Lizenz. Als aktiver Fußballer hat John definitiv das Potenzial, in der Verbandsliga zu spielen, auch wenn er auf dem Platz mitunter etwas zu Ballverliebt ist“, macht Nils Gütschow deutlich.
Unter seine Fittiche hat John-Philipp Bruhns als Trainer unter anderem seinen jüngeren Bruder Jan-Patrick genommen. „Ich bin natürlich der bessere Fußballer“, sagt der große Bruder mit einem Augenzwinkern, ergänzt aber im gleichen Atemzug: „Spaß beiseite. Das will ich gar nicht beurteilen. Jeder von uns hat seine Stärken und Schwächen. Ich hätte gerne seine Schnelligkeit und seinen Schuss, Jan hingegen hätte gerne meine Technik und Ausdauer. Zusammen wären wir bestimmt ein super Fußballer geworden.“ Gut möglich, dass man die beiden Bruhns-Brüder bald zusammen im Trikot der ersten Anklamer Männer-Mannschaft spielen sieht. „Die Wahrscheinlichkeit ist meiner Meinung nach sehr groß, da Jan vor einigen Wochen 18 Jahre alt geworden ist. Das Potenzial, in der Ersten Fuß zu fassen, hat er definitiv. Ich hoffe, dass es im Sommer schon so weit ist und wir zusammen Tore und Siege bejubeln können.“