Vom Spielfeld auf die Trainerbank: Dass Nils Gütschow irgendwann in die Fußstapfen seines Vaters Rainer treten würde, stand für den heute 32-Jährigen frühzeitig fest. Mit der ersten Männer-Mannschaft unseres Clubs glückte dem eingespielten Vater-Sohn-Gespann in der Landesliga-Saison 2010/11 der große Coup, als sie den viel umjubelten Aufstieg in die höchste Spielklasse des Landesfußballverbandes Mecklenburg-Vorpommerns feierten. Zu diesem Zeitpunkt hatte der ehemalige Torjäger die Weichen für die Zeit nach der aktiven Laufbahn längst gestellt. Er machte frühzeitig Nägel mit Köpfen und sicherte sich bereits als 20-Jähriger seine erste Trainerlizenz.
„Schon nach meinem ersten Kreuzbandriss im Alter von 17 Jahren war mir klar, dass ich nicht ewig spielen werde. Da ich mir Leben ohne Fußball nicht vorstellen kann, habe ich frühzeitig über den Tellerrand hinausgeschaut. Meine ersten Erfahrungen als Trainer durfte ich bereits mit 16 Jahren beim heutigen DFB-Stützpunkttrainer Henry Gransow sammeln. Von ihm habe ich sehr viel gelernt“, blickt Nils Gütschow zurück, stellte aber gleichzeitig klar: „Zum damaligen Zeitpunkt lag mein Hauptaugenmerk darauf, selbst zu spielen.“ Seine fußballerische Laufbahn begann er im Alter von sieben Jahren im Trikot unserer E-Junioren, die damals von Hans-Joachim Bathke und Roland Keil trainiert wurden. In seiner Heimatstadt durchlief er bis zur C-Jugend alle Nachwuchs-Altersklassen, ehe es ihn als 15-Jährigen zu den B-Junioren des 1. FC Neubrandenburg zog. In der Viertorestadt lebte sich der Angreifer, zu dessen herausragenden Qualitäten auf dem Rasen neben Kopfballstärke und Torinstinkt auch sein großer Kampf- und Siegeswille zählten, schnell ein. Mit den A-Junioren des 1. FCN gelang ihm der Aufstieg in die Regionalliga, in der er und seine Mitspieler in den beiden Folgejahren jeweils den Klassenerhalt packten. „Es war eine erfolgreiche Zeit in Neubrandenburg, in der ich mich als Fußballer enorm weiterentwickelt habe“, erinnert sich der gebürtige Anklamer, der seit 2017 mit seiner langjährigen Freundin Arite verheiratet ist. 2008 folgte der Wechsel zum Oberligisten Torgelower FC Greif, mit dem ihm ein Jahr später durch einen knappen 4:3-Erfolg im Finale gegen die TSG Neustrelitz der Gewinn des Landespokal-Wettbewerb glückte.
Im gleichen Jahr zog es Nils Gütschow zurück zu seinen sportlichen Wurzeln. In Anklam erwartete ihn Vater Rainer mit einer erfolgshungrigen Truppe, die in der Saison 2010/11 über sich hinauswuchs. Mit 18 Siegen, sechs Unentschieden und zwei Niederlagen dominierten die Peenestädter in der Landesliga, Staffel Ost, fast nach Belieben und hatten als Spitzenreiter in der Endabrechnung zwölf Punkte Vorsprung auf Verfolger 1. FC Neubrandenburg II. Der verdiente Lohn: Der Sprung in die Verbandsliga. „Die Aufstiegssaison zählt zweifellos zu meinen sportlichen Höhepunkten“, betont der dreifache Familienvater. In der Folgezeit kickte er nicht nur für seinen Heimatclub, sondern auch zwei Jahre lang für den Grimmener SV im Fußball-Oberhaus Mecklenburg-Vorpommerns, bevor er die Fußballschuhe nach seiner erneuten Rückkehr zu unserem Verein am Ende der Saison 2017/2018 endgültig an den Nagel hängte. „Ich hatte in meinem Leben mit einer Reihe von schweren Verletzungen zu kämpfen. Nach dem ersten Kreuzbandriss im Alter von 17 Jahren folgte mit Ende 20 der Zweite. Dazu kamen mehrere Bänderrisse, Meniskusrisse und eine Scharmbeinentzündung – und ganz aktuell ein Knorpelschaden im linken Knie, obwohl ich kaum Sport mache. Das Ergebnis, wenn man in jungen Jahren zu viel will und falschen Ehrgeiz zeigt“, sagt der 32-Jährige selbstkritisch.
Zudem waren die Rollen als Familienvater, Spieler, Trainer und der Job nicht mehr unter einen Hut zu kriegen. „Deshalb habe ich mich für die Trainer-Laufbahn entschieden“, erklärt der Ex-Torjäger, der mittlerweile als Hauswart bei der Anklamer Grundstücks- und Wohnungswirtschafts GmbH seine Brötchen verdient. Teams im Nachwuchsbereich unseres Clubs trainiert er bereits seit 2015. Seit Beginn der Saison 2020/21 ist er für die A-Junioren verantwortlich. „In meiner Mannschaft stecken sehr viel Talent und Leben. Es ist eine richtig gute Mannschaft. In der Landesliga sind wir mit nur einer Niederlage Tabellenzweiter, was vor der Saison nicht unbedingt zu erwarten war. Ich arbeite sehr gern mit den Jungs zusammen. Wer weiß, was in einem oder in zwei Jahren ist. Vielleich greifen wir ja noch einmal ganz oben und damit eine Etage höher an. Das wäre für die Spieler die perfekte Vorarbeit auf ihre Zeit bei den Männern“, so der Inhaber der Trainer B-Lizenz, der in den nächsten zwei Jahren die Ausbildung zum B-Elite-Jugendtrainer absolvieren möchte. Sein eigener Anspruch als Trainer: „Möglichst perfekt zu sein.
Dabei bin ich leider häufig zu ungeduldig. Eine weitere Schwäche von mir ist meine sehr ungesunde Ernährung. Daran muss ich unbedingt arbeiten.“ Unter den Fußballkennern hat er sich schon jetzt einen guten Namen als Trainer gemacht. „Ich bereite mich exakt auf jedes Training und jedes Spiel vor, um auf möglichen Situationen vorbereitet zu sein. Oftmals funktioniert alles, aber man muss natürlich auch mal improvisieren.“ Sein großer Vorteil: „Wenn ich schmerzfrei bin, kann ich im Training alle technischen Abläufe vormachen, was viele Spieler als Hilfestellung benötigen.“ Nils Gütschow ist mit Blick auf die eigene Trainer-Laufbahn vor allem Henry Gransow und Hagen Reeck geprägt worden. „Henry hat diese extrem genaue Art und Weise, die du gerade im jüngeren Bereich brauchst. Und Hagen kann unheimlich viel Erfahrung vorweisen, was die taktischen Aspekte angeht. Es gibt viele Trainer, von denen ich etwas gelernt und mitgenommen habe. Selbst spielen durfte ich unter anderem unter der Leitung von drei Fußball-Lehrern. Da ist schon einiges hängen geblieben.“ Ob er zukünftig lieber im Nachwuchsbereich oder Männer-Mannschaften trainieren will, lässt der Peenestädter offen: „Mal schauen, was so auf mich zukommt in den nächsten Jahren. Ich möchte mit den Trainer-Lizenzen so weit wie möglich kommen.“ Beim VFC Anklam fühlt er sich jedenfalls pudelwohl: „Ich war sehr gerne Spieler in Anklam und bin auch sehr gerne Trainer hier. Alles, was ich im Verein machen darf, mache ich mit vollem Einsatz und viel Herzblut. Fußball ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich finde es immer klasse, wenn Vereine auf den eigenen Nachwuchs und junge Spieler setzen. Und genau das ist hier der Fall.“ Seitdem der Amateurfußball Corona-bedingt erneut pausieren muss, bleibt Nils Gütschow nicht nur mehr Zeit für seine Frau Arite und seine drei Kinder Erna, Luis und Mats, sondern auch Luft, um die eigenen vier Wände auf Vordermann zu bringen: „Wir sind seit zwei Jahren im Besitz eines Aufganges. Da gibt es immer was zu tun.“ Auch für Vater Rainer, der tatkräftig unterstützt. Fit hält sich der ehemalige Stürmer aktuell lediglich beim Kinderwagenschieben: „Ab und an fahre ich auch mit dem Rad. Laufen geht nur unter Schmerzen, also gar nicht.“